Rick Simpson Öl: Wunder oder Schwindel?

Aus einer Krankheit wurde ein Protest. Rick Simpson entwickelte sich in den letzten 20 Jahren zu einem, wie seine Anhänger ihn nennen, “Gesundheitsrebellen”. Doch wer ist Rick Simpson eigentlich? Und wie wurde aus dem Kanadier nicht nur ein Feind der Pharmaindustrie, sondern auch ein angesehener Cannabisexperte?

Rick Simpson Öl

In diesem Artikel schauen wir uns den angeblichen Krebsheiler, sein Mittel und seine Geschichte etwas genauer an. Wir wollen wissen, was jemanden bewegt, der Folgendes von sich behauptet:

“Ich habe ein Krebsheilmittel gefunden.”

Der Mensch: Wer ist Rick Simpson?

Den meisten wird Rick Simpson kein Begriff sein, für andere ist er eine Art Heiliger. Er ist nicht nur Befürworter einer weltweiten Cannabis-Legalisierung, sondern auch passionierter Aktivist und Protestler.

Seine Mission ist es, Cannabis für jeden frei zugänglich zu machen, denn laut seinen Aussagen könne es Hautkrebs besiegen.

Doch wie kam Simpson eigentlich zu dieser These? Simpson arbeitete in einem Krankenhaus, indem er sich um die Asbestleitungen kümmerte. Nachdem er von einer Leiter stürzte und seitdem an unterschiedlichen Symptomen wie Schwindel litt, informierte er sich über die Behandlungsmethode Cannabis.

Sein Arzt riet ihm von der Einnahme ab, doch Simpson verspürte durch das Cannabis eine deutliche Linderung seiner Symptome, ganz im Gegensatz zu den verschriebenen Medikamenten.

Sechs Jahre später tauchten drei Beulen an Simpsons Arm auf. Die Diagnose: Basalzellkarzinom, eine Form des Hautkrebs. Simpson begann, den Verband des Karzinoms mit Cannabisöl zu beträufeln und den Krebs mehrere Tage bedeckt zu lassen.

Nachdem er den Verband nach vier Tagen entfernte, war der Krebs verschwunden.

Das, was danach geschah, ist Geschichte: Simpson pflanzte seine eigenen Cannabispflanzen an, erntete sie und stellte sein eigenes THC-Öl her, dass mittlerweile weltweit als „Rick Simpson Oil“ (kurz RSO) oder „Phoenix Tears“ (Tränen des Phoenix) bekannt ist.

Sein Öl verteilte er kostenfrei an mehr als 5.000 Patienten. Zu wirklicher Bekanntheit gelangte er allerdings erst durch seinen Dokumentarfilm „Run From The Cure“. Filmkritiker zerrissen den Film, was deutlich zeigte, wie sehr er polarisierte. Und es heute noch tut.

Simpson wurde daraufhin in Kanada mehrfach fast verhaftet. Sein Haus wurde durchsucht, mehr als 2.600 Pflanzen beschlagnahmt. Doch was ist RSO eigentlich?

Die Zusammensetzung: Was ist das Rick Simpson Öl?

RSO ist ein Hochpotenz-Cannabisextract mit einer THC Konzentration von mehr als 90%. Durch den hohen THC Anteil ist es selbst in den Niederlanden illegal. Seine Kombination nennt er selbst die „großartigste Medizin auf diesem Planeten“, das laut Gerüchten bereits anderen Menschen bei der Krebsbehandlung geholfen habe.

Doch damit nicht genug: Simpson selbst betonte, dass sein Öl auch bei Erkrankungen wie Spastiken, Tinnitus, Tourette-Syndrom, hohem Blutdruck und Schmerzsyndromen hilfreich sei. Den Ruf, Hautkrebs zu besiegen, wurde Simpsons Öl bis heute nicht los.

Das RSO ist zwar bei diversen Händlern erhältlich, jedoch empfiehlt Simpson die selbstständige Herstellung zuhause. Warum wir davon abraten, später mehr.

Auf seiner Webseite erklärt er:

„Dieses harmlose, nicht abhängig machende natürliche Medikament kann mit großem Erfolg eingesetzt werden, um Krebs, MS, Schmerzen, Diabetes, Arthritis, Asthma, Infektionen, Entzündungen, Blutdruck, Depression, Schlafstörungen und so gut wie alle anderen medizinischen Probleme zu heilen oder zu kontrollieren“. (Übersetzung aus dem Englischen)

Interview mit Rick Simpson

Der Obmann des Hanf-Instituts interviewt im Folgenden VIdeo Rick Simpson zu seiner Methode und seinem Öl. Rick Simpson erzählt unter anderem davon, weshalb er tut, was er tut und warum er heute zu seiner eigenen Sicherheit in Europa lebt.

Der feine Unterschied: Rick Simpson Öl und CBD Öl

Der Hype um CBD ist zwar ungehalten, jedoch ist es wichtig, das RSO und herkömmliches CBD Öl voneinander zu unterscheiden. Viele Fragen sich, wo eigentlich die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Produkten liegen.

Der Botaniker würde sagen, dass Cannabis und Hanf aus derselben Pflanze stammen. Jedoch entwickelten sich die Pflanzen durch Züchtungen in verschiedene Richtungen und damit auch das daraus gewonnene Öl.

GemeinsamkeitenUnterschiede
beide werden aus Cannabis gewonnenRSO enthält viel mehr THC als CBD
beide enthalten THC und CBDCBD Produkte sind legal, Produkte mit zu hohem THC Anteil (RSO) nicht

Rick Simpson Öl und CBD Öl

Wie stelle ich das RSO her?

Das Rezept zum RSO stellt Simpson auf seiner Webseite zur Verfügung. Die Herstellung ist in den meisten Ländern allerdings illegal. Zudem könnte es bei der Produktion zu Verunreinigungen kommen und der Einsatz von Alkohol dieser Art ist aufgrund seiner Entzündlichkeit ebenfalls gefährlich.

Zur Herstellung werden getrocknete Cannabisblüten und Alkohol mit mindestens 95% Alkoholgehalt benötigt. Die Blüten werden in Alkohol eingelegt und dabei immer wieder verrührt. Dabei lösen sich das THC und CBD aus der Blüte.

Nachdem die Flüssigkeit mehrfach abgegossen und der Prozess wiederholt wurde, ist das Öl einsatzbereit. Die Herstellung ist gefährlich und langwierig.

Ist das RSO in Deutschland legal?

CBD Öl und Produkte werden in Deutschland streng kontrolliert. Sie sind zum Eigenkonsum erlaubt, allerdings ausdrücklich nur, wenn sie einen THC Gehalt von unter 0,2% aufweisen können. Der Konsum, Besitz und die Herstellung von Produkten, die diesen Gehalt nicht einhalten, ist illegal und wird dementsprechend geahndet.

Simpsons Öl ist auf dem Papier ein medizinisches Produkt, das selbst in den sonst sehr lockeren Niederlanden verboten ist. Der hohe THC Anteil macht dem Produkt so ziemlich in allen Ländern einen Strich durch die Rechnung. Alternativen dazu wollen wir uns deshalb später anschauen.

Wie wird das RSO benutzt?

In seinem Buch „Phoenix Tears – die Rick Simpson Story“ beschreibt Simpson, dass für die Wirkung seines Öls eine Dosis von einem Gramm täglich notwendig ist, und das für 60 Tage.

Die Nebenwirkungen durch eine solch hohe Menge THC können enorm sein. Simpson empfiehlt bei der Anwendung deshalb, den Behandlungszeitraum auf 90 Tage auszudehnen und dafür die Menge des Öls zu senken.

Seinen Konsumenten empfiehlt er außerdem, die Dosis des Öls langsam zu steigern, bis sie ihre eigene Dosis erreicht haben.

Die Nebenwirkungen des RSO: Was du wissen solltest

THC ist eine psychoaktive Substanz, die der menschliche Körper weder verarbeiten, noch sich daran gewöhnen kann. Übliche psychische Nebenwirkungen sind:

  • Paranoia
  • Angstzustände
  • Halluzinationen
  • Desorientierung
  • Depression/Suizidgedanken
  • Reizbarkeit

Die physischen Nebenwirkungen sind:

  • Niedriger Blutdruck
  • blutunterlaufene Augen
  • Schwindel
  • langsame Verdauung
  • Schlafprobleme
  • Beeinträchtigung der Motorsteuerung und Reaktionszeit
  • Gedächtnisstörungen

Die Nebenwirkungen halten meistens einige Stunden an. Der Körper kann sich wieder selbstständig auf ein Niveau bringen, das er von dem Konsum hatte.

Die dadurch resultierenden, vor allem psychischen Nebenwirkungen, können bei Vorerkrankungen oder anderen Einflüssen natürlich zu chronischen, behandlungsbedürftigen Krankheiten führen.

Das noch größere Risiko ist die fehlende Studienlage und die Hoffnung, die Patienten teilweise haben. Oft werden deshalb klassische Therapien ausgesetzt, während der Krebs fortschreitet und die Behandlung danach unmöglich wird. Das ruft natürlich Kritiker hervor.

Simpsons größter Kritiker

Grotenhermen: Was sagt Simpsons größter Kritiker?

Dr. Franjo Grotenhermen ist Cannabisexperte und Simpsons kritischste Stimme. So prangert er unter anderem an, dass THC schlichtweg nicht das einzige Cannabinoid mit krebshemmenden Eigenschaften sei, was Simpson allerdings immer wieder betone. Dazu schrieb er im letzten Brief an Rick Simpson unter anderem:

„Es gibt Hinweise, dass bei einigen Tumorerkrankungen Cannabidiol (CBD) sogar von größerer Bedeutung sein könnte als das Cannabinoid THC. Zudem gibt es deutliche Hinweise, dass zumindest bei einigen Krebserkrankungen eine Kombination aus den Cannabinoiden THC und CBD eine stärkere Wirkung entfalten.”

Zudem warf er Simpson übertriebene Heilversprechen und ein unverantwortliches Handeln mit den Krankheiten anderer vor, denen möglicherweise leere Hoffnungen von jemandem ohne jegliche medizinische Ausbildung gemacht werden würden.

Denn diese Menschen können auch auf nachweislich wirkungsvolle Therapien zurückgreifen.

Die Realität: Wie wirken die herkömmlichen Krebstherapien?

Krebstherapien unterliegen der ständig fortschreitenden Forschung und der neuesten Studienlage. Krebs ist heute kein sicherer Tod mehr, sondern oft eine behandelbare Krankheit.

Von 500.000 erkrankten Menschen in Deutschland wurden mehr als 50% von ihrem Krebs geheilt. Auch Grotenhermen kritisiert, dass Simpson oft gerade vor diesen Therapieformen warne und empfiehlt stattdessen eine Kombination zwischen klassischer Therapie und dem Nutzen von Cannabis.

So schrieb er in einem offenen Brief an Simpson:

„Wenn nun die Heilungschancen mit Standardtherapien kontinuierlich zunehmen und die Heilungschancen für eine Therapie mit Cannabis unbekannt sind, wie viele Patienten sind unnötig gestorben, weil sie Ihrem Rat gefolgt sind?

Und wie viele Patienten, die hätten geheilt werden können, wenn sie eine Standardtherapie mit einer Cannabistherapie kombiniert hätten, hätten überleben können, wenn sie nicht allein auf Cannabis gesetzt hätten?“

Cannabis und Krebs: Kann das Rick Simpson Öl helfen?

Genau diese Kombination von Cannabis und klassischer Behandlung wird gerade intensiv erforscht. Krebspatienten sollten sich laut Medizinern weiter an erfahrene Ärzte halten.

Cannabis, zum Beispiel in Form von CBD, kann eine vielversprechende, zusätzliche Form der Behandlung sein, jedoch aufgrund mangelnder Studienlage kein kompletter Ersatz.

So konnte eine Studie von 2010 feststellen, dass CBD den Brechreiz bei einer Chemotherapie lindere.

CBD konnte zudem in Studien eine mögliche angstlösende Wirkung nachgewiesen werden. Beides Faktoren, die Krebspatienten definitiv zugute kommen können.

Moderne Krebszentren verbinden diese beiden Formen der Krebsbehandlung. Sie arbeiten ganzheitlich und bauen selbst alternative Therapieformen ein, wie die Naturheilkunde, Ayurveda und Ernährungskunde. Auch Cannabis findet hier seine Anwendung, um den Patienten eine Erleichterung ihrer Leiden zu bringen.

Und sonst? RSO bei anderen Krankheiten

Die Studienlage zu dem großen Gebiet der möglichen Behandlungen mit CBD ist noch sehr dünn. Wirkungen und Anwendungsgebiete sind teilweise erforscht, jedoch nicht ausreichend, um daraus klare Schlüsse zu ziehen.

Dagegen ist die Wirkung von CBD, im Gegensatz zu RSO, deutlich gründlicher erforscht worden. So wurde hier schon eine mögliche Behandlung bei Müdigkeit und Angststörungen angeführt.

Auch das sind Beides oft Begleiterscheinungen bei Krebs oder einer Krebstherapie.

Die Alternativen zu RSO

Spielerei eines Enthusiasten? Die Alternativen zu RSO

Das Gemisch aus hochprozentigem Alkohol und Cannabis mit hohem THC Anteil bleibt eine Spielerei eines Enthusiasten mit einer positiven Erfahrung. Es gilt abzuwarten, welche Berichte noch folgen und inwieweit sich die Forschung hierauf einlässt. Bei CBD Öl hingegen könnten folgende Vorteile eine gute Alternative zu RSO sein:

  • keine psychoaktive Wirkung, da weniger als 0,2% THC
  • keine suchterzeugende Wirkung
  • wenige und ungefährliche Nebenwirkungen
  • teilweise durch Studien bestätigte Wirkungen
  • in Deutschland frei verkäuflich

Das CBD Öl wird vom Körper entweder über die Mundschleimhaut, den Darm oder die Lunge aufgenommen. Die Dosierung ist einfach, eine Überdosierung findet erst sehr spät statt und ist, im Gegensatz zu THC-haltigen Produkten, eher ungefährlich.

Einsteigern bietet sich hier eine Möglichkeit der eigenständigen, symptombehandelnden, legalen Methode.

Für Interessierte: Mehr Informationen zu Rick Simpson

Weitere Information zu Simpsons Methoden findest du in seinem Dokumentarfilm “Run from the cure”, seinem Buch “Phoenix Tears - the Rick Simpson Story” und auf seiner eigenen Homepage. Die Stimmen zu Simpson sind erwartungsgemäß geteilt.

Gelobt wird seine rebellische Art, die für die Krebstherapie eine Art Beschleunigung auf dem Weg zu einer alternativen Therapieform sein könnte.

Viele wünschen sich, dass Cannabis nicht mehr in der verborgenen, illegalen Ecke bleibt, sondern auch in der Forschung bei der Heilung von Krankheiten oder Linderung von Symptomen häufiger eingesetzt wird.

Fazit

„Ich denke, dass Rick Simpson mit seinen Aktivitäten vielen Menschen unberechtigt Hoffnung macht, sie enttäuscht und daher viel Schaden anrichtet“.

Das schreibt der CBD Experte Grotenhermen.

Mögliche Versprechungen und Hoffnungen existieren bereits in der ganzen Cannabisbranche. Jedoch halten Forscher sich mit ihren Schlussfolgerungen gerade aus diesem Grund noch zurück.

Großangelegte Studien sind gerade bei Simpsons Öl notwendig, denn hier überwiegen die möglichen Nebenwirkungen deutlich den möglichen Wirkungen, ganz im Gegensatz zu anderen Cannabisprodukten wie CBD.

Wenn du an der Behandlung von Krebs mit Cannabis interessiert bist, rede bitte vorher mit dem Arzt deines Vertrauens. Hole dir erfahrene Stimmen ein, die dir aufzeigen können, welche ungefährlichen, legalen Möglichkeiten es gibt.

Hast du schon vorher von Rick Simpson und seinem Öl gehört? Wie ist deine Meinung dazu? Und was hältst du von CBD als möglichen Behandlungsansatz bei Krebs? Schreibe uns doch in den Kommentaren, wir sind gespannt.

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